Schlüsselstellen der neuen X-Alps Route

eine Analyse von Supporter Andy Jäggi

Die Route vom X-Alps 2021 ist nicht unumstritten. Anstatt nach Monaco führt die Route vom Mont Blanc zurück nach Österreich. Die Symbolik des Rennens vom Gletscher bis ans Meer geht damit verloren. Wobei schon seit 2009 das Rennen nicht mehr auf dem Dachstein Gletscher startet, sondern in Salzburg. Mit der neuen Route wird das Rennen nun definitiv zum Alpen-Race.

Hohes Tempo gefordert

Die Strecke ist mit 1238km so lang wie noch nie. Zudem ist das Rennen auf 12 Tage beschränkt. Wer’s ins Ziel schaffen will, braucht einen Schnitt von über 100km Luftlinie pro Tag. Das ist nicht unmöglich, aber auf jeden Fall anspruchsvoll. Bei gutem Flugwetter sind an einem Tag über 200km möglich. Aber zu Fuss über alle Berge… Nicht umsonst ist Fliegen rund 4x schneller als Gehen.

Im X-Alps 2019 haben immerhin 10 Piloten einen Schnitt von über 100km Luftlinie pro Tag erreicht. 2017 waren es nur 3 Piloten. Bei zweifelhaftem Flugwetter wird’s also sportlich.

Bergsteigen am Mont Blanc

Wenn der Mont Blanc nicht im Flug umrundet werden kann, ist Bergsteigen angesagt. Das ganze Massiv zu umgehen ist nicht effizient. Die Pässe westlich vom Mont Blanc sind aber bis zu 3000m hoch und vergletschert. Das Reglement erlaubt zwar solche Abkürzungen, jedoch nur mit einem Bergführer. Darum werden wir in der Mont Blanc Region einen Bergführer auf Standby haben.

Rückweg mit Varianten

Besonders interessant ist der zweite Teil des Rennes. Die langen Etappen lassen Raum für Routen abseits der Ideallinie. Bei kurzen Etappen lohn sich ein Umweg kaum. Der Abschnitt vom Mont Blanc zum Piz Palü mit 250km lässt viel Spielraum für kreative Routen. Das wird auch nötig sein, weil die Ideallinie übers Hochgebirge via Matterhorn und das Mont Blanc Massiv führt. Bei idealen Flugbedingungen kommt man auch im Hochgebirge schnell voran. Zu Fuss wäre der kürzeste Weg via Wallis und Surselva ins Engadin. Das scheint auf den ersten Blick ein Umweg zu sein, die ausgebauten Strassen ohne viel Zickzack erlauben aber eine direkte Linie. Spannender ist die Route via Aostatal und Tessin. Viele Täler stehen Quer zur Ideallinie. Darum studieren wir schon jetzt, wie wir die Täler am effizientesten im H&F Stil queren könnten. Wo sind die tiefsten Passübergänge? Auf welchen Pässen kann man starten? Welche Seitentäler erlauben weite Gleitflüge?

Die zweitlängste Etappe vom Piz Palü zum Kronplatz bietet zahlreiche Varianten. Die kürzeste Route führt durch den Stilfserjoch Nationalpark mit vergletscherten Pässen über 3000m. Welche Teams werden sich für die Nord-, welche für die Südroute entscheiden? Lohnt sich bei Schlechtwetter die direkte Linie über die Gletscher? Wer wählt das Vinschgau, wer das Ultental? Nach Meran über die Sarntaler Alpen oder nördlich über den Jaufenpass? Klingt jetzt vielleicht alles noch fremd – Ende Juni werden viele X-Alps Fans darüber fachsimpeln.

Fair(er)es Wetter

Weil die Route wieder zurück nach Österreich führt, werden die führenden Teams wieder im selben Wetter unterwegs sein wie die Nachzügler. Dadurch wird verhindert, dass die Spitzenteams bei gutem Wetter davonziehen, während der Rest im schlechten Wetter steckenbleibt. Das dürfte einerseits das Rennen ausgeglichener machen. Andererseits können Athleten auf dem Rückweg im Falle einer Nordstaulage auf der Alpensüdseite bleiben und so trotzdem bei komplett anderem Wetter fliegen. Wer dann bei Nordföhn seinen Schirm im Griff hat, wird sich zeigen.

Aufs Floss schwimmen

Sehr positiv an der neuen Route ist der Schlusspunkt. Bisher endete das Rennen in Peille oberhalb von Monaco. Der Flug aufs Floss war bloss noch eine Marketing-Show ohne Relevanz fürs Rennen, das in Monaco eh kaum Beachtung fand. Dieses Jahr wird die Zeit gestoppt, wenn der Athlet auf dem Floss steht. Hoffentlich angefeuert vom Gleitschirmbegeisterten Publikum. Und bei unfliegbarem Wetter? Dann müssen die Athleten aufs Floss schwimmen. Einzig den Rucksack dürfen sie am trockenen Ufer lassen…