Meine Gleitschirmprüfung

Ein Erfahrungsbericht von Raphael Eymann

Für alle die sich langsam auf die Gleitschirmprüfung vorbereiten ist es sicher interessant zu hören wie es abläuft und wie es sich für mich angefühlt hat. Zuerst gleich einmal im Voraus:

Für mich war es etwas ungewohntes auf eine Prüfung hin nervös zu sein. Ich konnte die meisten Prüfungen mit einer gewissen Gleichgültigkeit angehen da es mir nie maximal wichtig war. Bei der Gleitschirmprüfung ist das etwas anderes: Ich habe mich entschieden Gleitschirm zu fliegen und ich möchte die Prüfung unbedingt. Ich bin derjenige der Sich seine Freiheit verdienen will, niemand anders.

Der Abend davor

Am Abend vor der Prüfung habe ich als erstes um 20:01 auf die Hotline angerufen um zu hören ob die Prüfung stattfindet. Als klar war dass Sie stattfindet, habe ich mein Material nochmal sortiert so dass ich wirklich nur das dabei hatte was ich auch brauche. Somit Gleitschirm, Helm, Handschuhe, etwas Verpflegung, SHV Ausweis, ID und das Ausbildungskontrollblatt. Alles zusammen habe ich schon zusammengestellt, dass ich am nächsten Tag nicht aus lauter Nervosität etwas liegen lasse.

Die Nacht vor der Prüfung war für mich dann ein einziges wälzen und bangen. Im nachhinein betrachtet zwar verständlich aber auch irgendwie unnötig und kontraproduktiv.

Prüfungsvorgeplänkel

Der Parkplatz im Lehn war ein Sammelpunkt für Nervenbündel. Alle starrten sich misstrauisch an, schliesslich könnten auch einige von den rumlungernden Prüfungsexperten sein. Diese trafen aber ca. 10 min vor dem Termin ein und begannen sofort den Landekreis mit Fähnchen ab zu stecken. Danach gings los mit der Vorbereitung. Alle mussten sich aufreihen, Ausbildungskontrollblatt, Flugbuch, ID und SHV Ausweis bereithalten und sich kontrollieren lassen. Natürlich hatte ich mein Gleitschirm Modell nicht eingetragen und kriegte gleich einen Rüffel vom Experten. Nachdem ich meinen Schirm eingetragen hatte wurde alles verifiziert und das Briefing wurde gestartet. Wir wurden über die Flugmanöver informiert, wo wir diese durchführen sollten und wie die Bewertung ablaufen würde.


Es werden insgesamt 5 Teilbereiche geprüft. Man startet jeden Flug mit 2 Punkten, wenn in einem der Teilbereiche ein Fehler gemacht wird, wird ein Punkt abgezogen. (Ein Fehler in den fünf Teilbereichen ergibt einen Punkt für den Flug. Zwei und mehr Fehler pro Flug ergibt 0 Punkte) Die Prüfung bestanden hat wer in maximal drei Flügen vier oder mehr Punkte erreicht. Die Teilbereiche sind:

1. Startvorbereitung (5 Punktecheck/Luftraumfragen)
2. Start
3. Manöver
4. Landevolte
5. Landung


Danach warteten wir auf den Bus welcher uns ins Luegibrüggli stellen sollte. (10.- pro Fahrt). Beim meinem ersten Flug wartete ich Ewigkeiten auf den Bus und entschied mich beim zweiten Durchgang durch meine Frau schneller zum Luegibrüggli hoch zu kommen, was sich als viel angenehmer herausstellte als dauernd auf den Bus zu warten.

1. Flug

Endlich auf dem Luegibrüggli angekommen wartete ich bis ich an der Reihe war und legte anschliessend meinen Schirm aus. Bis der Experte Zeit hatte wartete ich in der “W”-Stellung vor meinem Schirm. Anschliessend kam der Experte zu mir und nahm meinen 5 Punkte Check ab. Als er zufrieden war mit meinem Check, bekam ich die Startfreigabe. Ich flog raus über den Landeplatz und richtete mich so wie die Experten im Briefing gesagt hatten aus. Ich vollführte mein Manöver (Acht) und begab mich danach zum Abbauraum. Ich baute Höhe ab und landete erfolgreich im Kreis.

2. Flug

Nachdem ich meinen Schirm gepackt hatte (beim zweiten Durchlauf hatte ich meinen Schnellpacksack dabei was das ganze etwas schneller und weniger aufwendig machte). Fuhr ich wieder hoch zum Luegibrüggli. Dieses Mal ging ich direkt zum Experten um mich seinen Luftraumfragen zu stellen. Ich wurde zu einem Gebiet im Jura befragt und musste vom Boden bis zum Luftraum C alle Lufträume und deren Begrenzungen und Abstände aufzählen. Nachdem ich diesen Teil der Prüfung bestanden hatte, legte ich wieder meinen Schirm aus, wartete auf Startfreigabe und hob ab. In der Luft richtete ich mich aus und führte mein Manöver durch (Ohren einklappen und 90° links und 90° rechts) begab mich wieder in den Abbauraum und versuchte meine Landung in den Kreis zu machen. Ich vergab die zweite Landung. Das hat mich zwar sehr genervt aber es ist kein Beinbruch, man hat ja noch einen 3. Flug.

3. Flug

Beim dritten Flug ging es nur noch darum, die gemachten Fehler aus zu merzen. Keine Luftraumfragen mehr, kein 5 Punktecheck mehr vorzeigen (da ich nur die Landungen versaut hatte). Wiederum legte ich meinen Schirm aus und wartete auf die Freigabe durch den Experten. Wiederum richtete ich mich aus, vollführte mein Manöver (wenn man beide Manöver korrekt gemacht hatte musste man nochmal das Manöver des ersten Fluges durchführen) und begab mich zum Abbauraum. Ich baute Höhe ab und Landete im Kreis. Der Experte streckt sofort beide Daumen in die Höhe wenn man das Brevet erreicht hat. Man weiss also wenige Sekunden nach der Landung ob es gereicht hat. Ich bin ich durchgefallen, weil ich beim Start nicht beide Flügelseiten kontrolliert hatte beim Kontrollblick. Das heisst auch wenn man nur die Landungen versaut hat, auch beim dritten Flug müssen alle anderen Elemente sauber gemacht werden.

Fazit

Es gibt diverse Learnings die ich aus meiner Prüfung gemacht habe:

  • Am Wichtigsten: Die Experten sind sehr angenehm und wollen niemanden durchfallen sehen. Sie sind an die Bewertungskriterien gebunden, legen diese aber so gut es geht im sinne des Schülers aus.
  • In der Vorbereitung das Kontrollblatt nochmal genau kontrollieren ob alles mögliche ausgefüllt wurde.
  • Die Landung ist bei weitem das schwierigste Manöver da Böen und andere äussere Einflüsse einfach nicht gesteuert werden können.
  • Beim Start muss man darauf achten, dass es klar ersichtlich ist, dass man den gesamten Flügel kontrolliert hat. (Exzessiver Kontrollblick machen)
  • Vor dem Start zum 2. oder 3. Flug dem Experten kurz sagen wie viele Punkte man bereits hat. Ist man Beispielsweise beim 3. Flug und hat erst 2 Punkte drückt der Experte eher noch ein Auge zu wenn der Start zwar gelingt aber nicht 100% korrekt ist.
  • Am Luegibrüggli sind die Verhältnisse für Rückwärtsstarts aus topografischen Gründen selten gegeben. Trotzdem kann es sein, dass die Experten nach einem Rückwärtsstart verlangen – den Rückwärtsstart also auch bei weniger guten Bedingungen im Griff haben.
  • Der Stress lohnt sich, es gibt kein schöneres Gefühl als dann den ersten Flug alleine zu tätigen! 🙂