Alpine Toplandung für ein Stück Kuchen

Ein Abenteuer vor der Haustür: School Leiter Andy Jäggi führt seinen Bruder zum Genuss aus

Für einmal sind wir nicht auf der ersten Niesenbahn. Maximale Strecke ist heute kein Thema, wir können getrost etwas später starten. Die Kilometerjäger sind schon in der Luft. Wir haben einen anderen Plan – und ganz viel Zeit. Darum beginnt der Tag gemütlich mit Kafi und Gipfeli auf dem Niesen. Unser Ziel ist die Blümlisalphütte. Der Kuchen schmecke dort angeblich besonders gut, wenn man nicht zu Fuss hochgehen muss.

Mein Bruder ist ein Genusspilot. Streckenflüge sind die Ausnahme. Darum nehmen wir uns zunächst die Niesenkette vor zum Aufwärmen. Mit der hohen Wolkenbasis und kaum Wind ein wahres Vergnügen. Die erste Schlüsselstelle ist dann die Querung nach Süden über Adelboden an die Lohnerkette. Ist schon genug Sonne in den Nordwänden um nach der Querung Anschluss zu finden oder sind wir zu früh am Tag? Die Frage erübrigt sich. Dank der hohen Wolkenbasis kommen wir über Kretenhöhe an. Tief unten sehen wir Piloten an der Allmenalp starten. Aber unser Blick geht in die Weite. Vom Mont Blanc bis zum Pilatus steht uns das Panorama offen.

Übermut

Aber Fokus. Die nächste Talquerung über Kandersteg zur Bire steht an. Wenn auch die gelingt, brauchen wir nur noch der Krete zu folgen zur Blümlisalphütte. Weil wir auf über 3000m abfliegen können, kommen wir auch nach dieser Querung über Gipfelhöhe an – und werden übermütig. Anstatt konsequent über der Krete zu bleiben bis zur Blümlisalphütte lassen wir Thermiken aus. Und müssen prompt Strafsoaren am Bundstock. Aber schliesslich sind wir doch über der Hütte.

Nehmen wir das Risiko einer Toplandung auf uns? Zum Glück liegt hinter der Hütte noch Schnee. Quer zum Hang können wir dort entspannt landen. Ein Traum geht in Erfüllung! Den Kuchen haben wir uns verdient.

Baustelle Kiental

Aber der Tag ist noch nicht zu Ende. Schaffen wir es sogar zurück nach Interlaken? Ein Eis auf der Höhematte wäre das i-Tüpfchen. Mit etwas Aufwind ist der Start bei der Blümlisalphütte problemlos. Dem Geröll fällt aber eine Galerie-Leine zum Opfer. Das stört zum Glück nicht weiter. Auch der erste Schlauch steht dort, wo wir ihn vor der Landung ausgekundschaftet haben. Im Kiental dann die Baustelle. Eigentlich wie immer. Für mich ist das Kiental wie das Diemtigtal, da versenke ich mich regelmässig.

Über der Gspaltenhornhütte kratzen wir. Ein dritter Pilot gesellt sich zu uns. Und kämpft auch. Mindestens liegt es nicht an uns. So schleichen wir bis zur Schwalmere, wo es uns endlich wieder an die Basis katapultiert. Und wie! Interlaken scheint ab hier ein Gleitflug zu sein. Diesmal können wir den Übermut zügeln und folgen der Krete via Morgenberghorn. Zum Eis auf der Höhematte. Was für ein Abendteuer – und das direkt vor der Haustür.